Unsere Arbeit

Die qualitative Förderdiagnostik am MLZ

Die Diagnose einer Teilleistungsstörung im mathematischen Bereich ist vielschichtig. Besonders bei Kindern (Jugendlichen) mit kombinierten Teilleistungsschwächen sowie bei Kindern, die nach anfänglichen isolierten Schwierigkeiten im Fach Mathematik zwischenzeitlich generelle Probleme aufweisen, ist die Abgrenzung zu "lernbehinderten" Schülern oft nur schwer zu leisten.

Die Förderdiagnostik muss neben einer validen Erfassung mathematischer Kompetenz auch eine qualitative Fehleranalyse beinhalten, um verfestigte subjektive Algorithmen aufzudecken.

Weiterhin muss das Vorhandensein pränumerischer Basisfertigkeiten abgesichert werden. Aspekte systemischer Diagnostik sollten das Lernumfeld sowie die familiäre Situation auf potentielle Stressoren untersuchen.

Die Diagnostik an unserem Zentrum umfasst:

  1. Individuumszentrierte Diagnostik
    • Entwicklungsdiagnostik
    • Lernprozessdiagnostik
    • qualitative Fehlerdiagnostik
  2. Evaluation der Gesamtsituation
    • Anamnesegespräch mit den häuslichen Bezugspersonen
    • Gespräche mit den zuständigen Pädagogen, Kinderärzten, Erziehungsberatungsstellen, Schulpsychologen und anderen Stellen, bei denen die Kinder bereits vorgestellt wurden oder noch werden und wo unter Umständen bereits andere Therapien stattfinden oder stattgefunden haben (mit ausdrücklicher Genehmigung der Erziehungsberechtigten)
    • nach Einwilligung der Eltern Abklärung von Zweifelsfällen zusammen mit psychologischen oder neurologischen Kliniken und Beratungsstellen

In der Praxis hat sich erwiesen, dass norm- und auch kriteriumsorientierte Testverfahren für das Aufdecken einer Dyskalkulie nur sehr bedingt geeignet sind. Insbesondere unter dem Aspekt einer Förderung des Kindes liefern diese Verfahren keine hinreichenden Erkenntnisse, da sie in der Regel rein quantitativ ausgerichtet sind und damit die spezifischen qualitativen Schwächen und Ursachen des Versagens im mathematischen Bereich nicht aufdecken. Zu diesem Zweck wurde eine zentrumsinterne Diagnostik entwickelt (DQFD - Dortmunder qualitative Fehlerdiagnostik), die die subjektiven Algorithmen wie auch die Quellen und verursachenden Wissenslücken vom Beginn der Mengenbegriffsbildung bis hin zum aktuellen Schulstoff aufdeckt und analysiert. Die Untersuchung des Kindes findet vormittags statt. Die Beratung der Eltern, an der nach Zustimung der Erziehungsberechtigten die zuständige Lehrkraft teilnehmen kann, findet in der Regel 1 Woche später statt und dauert ca. 1 1/2 bis 2 Stunden. Test und Beratung finden unabhängig von einer etwaigen Therapie statt. Werden weitergehende Probleme festgestellt, die am Zentrum nicht therapiert werden können, empfehlen wir die Eltern an entsprechende Einrichtungen. Diagnostik-Termine können telefonisch vereinbart werden.

Die integrative Lerntherapie am MLZ

Das Therapieziel hinsichtlich des Aufbaus mathematischer Kompetenz ist die Entwicklung grundlegender Fertigkeiten sowie der sichere Umgang im operativen Bereich, um dem Kind die Grundvoraussetzungen für den Anschluss an den aktuellen Schulstoff zur Verfügung zu stellen. Da sich bei vielen Kindern, die uns vorgestellt werden, bereits eine große Diskrepanz zwischen individuellem Leistungsstand und schulischen Lernzielen ergeben hat, ist eine Voreinschätzung der Therapiedauer schwer zu geben.

Nach unseren und den Erfahrungswerten verschiedener anderer Therapiezentren dauern die Therapien zwischen 1 1/2 und 3 Jahren, wobei der größte Prozentsatz bei etwa 2 Jahren liegt.

Der Erfolg einer Therapie hängt entscheidend vom Zeitpunkt der Vorstellung und von der psychosozialen Gesamtsituation des Kindes ab. In einer Untersuchung zu Therapiemisserfolgen in der Legasthenietherapie fand Brunsting-Müller (1993), dass die Problembewältigungsstrategien des Kindes und die Reaktion des sozialen Umfeldes größeren Einfluss auf den Therapieerfolg haben als Intelligenz oder Sprachbegabung. Dies unterstreicht, welche Bedeutung einer Früherkennung von Lernstörungen zukommt.

Aufgrund der Notwendigkeit des kleinschrittigen fehleranalytischen Vorgehens, der unterschiedlichen Therapievoraussetzungen und Lerngeschwindigkeiten muss das therapeutische Vorgehen explizit auf das einzelne Kind abgestimmt sein. Weiterhin muss für die Sicherstellung einer entlastenden Therapiesituation gesorgt werden. Die Dyskalkulietherapie findet daher als Zweiertherapie, in Einzelfällen als Einzeltherapie mit einer Dauer von ca. 50 Minuten statt.

Eine Betreuung in sogenannten "Kleinstgruppen" (3-5 Kinder) widerspricht dem gesamten Therapiekonzept und führt in aller Regel zu Misserfolgen und damit zu weiteren psychischen Belastungen der Kinder.

In Einzelfällen werden, wenn es therapeutisch vertretbar ist, auch 2 Sitzungen pro Woche vereinbart. Die Therapeuten führen regelmäßig therapiebegleitende Förderdiagnostik durch, die den aktuellen Entwicklungsstand des Kindes zeigt.

Ein sich anschließendes häusliches Trainingsprogramm für das Kind dient der notwendigen Automatisierung der Lerninhalte und -strategien. Zeit und Umfang ist Teil des jeweils individuell zu gestaltenden Therapieplans. Da viele Übungen verbalsprachlich durchzuführen sind, werden die Eltern, sofern möglich, in einer co-therapeutischen Funktion in diese Formen durch die Therapeuten eingeführt.

Lehrer- und Arztgespräche sind Teil der Behandlung.

Aus der Komplexität des Erscheinungsbildes der Dyskalkulie ergibt sich, dass die therapeutische Intervention entwicklungs- und wahrnehmungspsychologische, klinisch-psychologische, pädagogische, mathematikdidaktische und sachlogische Aspekte umfassen muss. Zu den Aufgaben jedes Lerntherapeuten gehört die regelmäßige Fortbildung in allen therapierelevanten Bereichen.